fritz usinger (1895-1982) auf den spuren albert einsteins
Fritz Usinger aus dem hessischen Friedberg entwickelte seit 1916 aus seinem literarischen und journalistischen Engagement in den expressionistischen und demokratischen Bewegungen Hessens eine kosmologische Weltbetrach-tung. Insbesondere seine Gedichte und seine Essays über neue Literatur, Kunst, Musik und Erkenntniswege in den Geistes- und Naturwissenschaften zeigen seine Affinität zu einflussreichen Intellektuellen der Jüdischen Renaissance um Martin Buber und zu den kreisen um Albert Einstein.
Fritz Usingers Spätwerk ab den 1960er Jahren steht ganz im Zeichen seiner universalistisch, transdisziplinär und auf demokratisches mitdenken aller angelegten Kosmologie:
»Wir leben heute nicht, wie die Menschen um 1800, in einer Welt der Dichter und Denker, sondern in einer Welt der Naturwissenschaft, die das Kopernikanische und Newtonische Weltbild in einem plötzlichen Ansturm von wenigen Jahrzehnten so weit fortgeführt hat, daß völlig neue Weltaspekte sichtbar geworden sind, von denen man früher überhaupt nichts wußte: das Wesen der Materie unterhalb des Atoms bis zu den Elementarteilchen und der Heisenberg’schen Idee der Matrix, das ganz andere Verhältnis von Raum und Zeit nach Einsteins Relativitätstheorie bis zur Aufhebung der Gleichzeitigkeit, das Vordringen der Biologie bis zu den Urgründen des organischen Lebens […] Im Urgrund der Welt, an der Wurzel aller Dinge, wirken praemateriale Strukturen, Matrices, wie sie Werner Heisenberg nennt, unanschauliche Gesamtheiten, welche die Elementarteilchen und die Atome formen. Es sind präexistente Urbilder, wie sie C. G. Jung auch für die menschliche Seele festgestellt hat in seinen Archetypen. Die Matrices und die Archetypen sind Zeugnisse einer allgemeinen Ordnung des Kosmos, durch Körper und Geist hindurch. Wolfgang Pauli, der geniale Freund und Mitarbeiter Werner Heisenbergs, spricht deshalb auch von einem psycho-physischen Monismus. Aus dieser Einheit des Seins ergibt sich dann auch die Übereinstimmung der apriorischen Formen des Vorstellens und Verstehens mit den äußeren Wahrnehmungen, also die Möglichkeit des Verstehens der Welt überhaupt, die Möglichkeit der Erkenntnis.
Es ist ja eine der schwierigsten Fragen, wieso Erkenntnis und Wirklichkeit übereinstimmen. Einstein faßte dies in den großartig präzisen Satz: „Das Unbegreifliche der Welt ist, daß sie begreiflich ist.“«
Quelle: Fritz Usinger „Wissenschaft und Dichtung. Zum 25jährigen Bestehen der Akademie der Wissenschaften und der Literatur in Mainz“. 1974, S. 8, S. 12.