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Albert einstein und mascha kaléko
1949 sandte Mascha Kaléko, die, wie 1932/33 bereits Einstein, 1937 der Nazi-Diktatur in die USA hatte entkommen können, dieses Gedicht aus ihrer gerade veröffentlichten Sammlung "Verse für Zeitgenossen" an Einstein. Seit ihrer gemeinsamen Berliner Zeit in den 1920er Jahren waren beide herzlich einander bekannt..

Quelle Mascha Kaléko: Der Stern, auf dem wir leben. Verse für Zeitgenossen. Mit Zeichnungen von Werner Klemke, 1984, S. 18: 


mascha kaléko
Wo sich berühren Raum und Zeit,
Am Kreuzpunkt der Unendlichkeit,
Ein Pünktchen im Vorüberschweben –
Das ist der Stern, auf dem wir leben.
Wo kam das her, wohin wird es wohl gehen?
Was hier verlischt, wo mag es auferstehn?
- Ein Mann, ein Fels, ein Käfer, eine Lilie
Sind Kinder einer einzigen Familie.
Das All ist eins. Was »gestern« heißt und »morgen«,
Ist nur das Heute, unserm Blick verborgen.
Ein Korn im Stundenglase der Äonen
Ist diese Gegenwart, die wir bewohnen.
Dein Weltbild, Zwerg, wie du auch sinnst,
Bleibt ein Phantom, ein Hirngespinst.
Dein Ich – das Glas, darin die Schatten spiegeln,
Das »Ding an sich« - ein Buch mit sieben Siegeln.
… Wo sich berühren Raum und Zeit,
Am Kreuzpunkt der Unendlichkeit –
Wie Windeswehen in gemalten Bäumen
Umrauscht uns diese Welt, die wir nur träumen


Albert Einstein und christian morgenstern
albert einstein bewunderte Christian Morgenstern. dieser publizierte 1916, einige monate nach einsteins publikation der allgemeinen relativitätstheorie und mitten im krieg, sein buch "palma kunkel", aus dem das folgende gedicht "die zwei parallelen" stammt, kann als ein poetischer beitrag zur allseits viel diskutierten euklidischen geometrie und der un-/endlichkeit der welt gelesen werden.
Quelle: Christian Morgenstern: Alle Galgenlieder. Galgenlieder, Palmström, Palma Kunkel, Gingganz. Wiesbaden 1947.
 Erstveröffentlichungen: Galgenlieder 1905, Palmström 1910, Palma Kunkel 1916, Gingganz 1919. Die einbändige Gesamtausgabe dieser vier Bücher wurde in neuer Anordnung und durch 15 Gedichte aus dem Nachlaß vermehrt im Jahr 1933 von Margareta Morgenstern herausgegeben.


christian morgenstern 1916

Die zwei Parallelen
Es gingen zwei Parallelen
ins Endlose hinaus,
zwei kerzengerade Seelen
und aus solidem Haus.
Sie wollten sich nicht schneiden
bis an ihr seliges Grab:
Das war nun einmal der beiden
geheimer Stolz und Stab.
Doch als sie zehn Lichtjahre
gewandert neben sich hin,
da wards dem einsamen Paare
nicht irdisch mehr zu Sinn.
War’n sie noch Parallelen?
Sie wußten’s selber nicht, -
sie flossen nur wie zwei Seelen
zusammen durch ewiges Licht.
Das ewige Licht durchdrang sie,
da wurden sie eins in ihm;
die Ewigkeit verschlang sie
als wie zwei Seraphim.